Warschau Tag 2: Ausflug in die Geschichte & ein Blick aufs Morgen
Eines der dunkelsten Kapitel der polnischen Geschichte wird dem Besucher bei einem Streifzug durch die Straßen Warschaus immer wieder in Erinnerung gerufen: Der Aufstand der im „Warschauer Ghetto“ gefangenen Juden 1943. Da das Areal dabei vollständig zerstört wurde, gibt es bis auf einige kleine Mauerreste keine originalen Überbleibsel aus dieser Zeit. Stattdessen erinnern überall kleine und große Denkmäler an die Kämpfe zwischen den Gefangenen und den deutschen Besatzern.
Eine beeindruckende Ausstellung gibt es im „Muzeum Powstania Warszawskiego“ (Museum des Warschauer Aufstandes) zu sehen. Auf vier Etagen können sich Besucher ausführlich über die Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg informieren. Eintritt: 14 Złoty (ermäßigt 10, sonntags kostenlos). Gegen einen kleinen Aufpreis von 2 Złoty (50 Cent) kann man sich einen 3-D-Film ansehen, der das Ausmaß der Zerstörung Warschaus nach dem Krieg mit einem virtuellen Flug über die Stadt zeigt. Das Museum verlangt dem Besucher einiges ab – nicht nur körperlich durch die schiere Größe der Ausstellungsfläche und die vielen multimedialen Inhalte, sondern auch psychisch. Wer die Möglichkeit hat, sollte einen Besuch auf das Wochenende legen, da das Museum unter der Woche von vielen Schulklassen besucht wird, was den Stressfaktor zusätzlich erhöht.
Bei einem anschließenden Spaziergang an der frischen Luft vom Museum ins Zentrum kann man das Gesehene ein wenig sacken lassen. Auf dem Weg Richtung Kulturpalast lohnt sich ein Zwischenstopp in der Ulica Panska 98. Hier befindet sich das Café „Take Off the Hat„. Der Name ist Programm: Neben jeder Menge Bildern mit „behüteten“ Berühmtheiten sind auch die Lampen in Hutform gestaltet. Überhaupt wirkt die Location trotz des modernen Designs warm und gemütlich. Dafür sorgen auch die superfreundliche Bedienung und – natürlich – das wunderbare Essen. Empfehlenswert ist das Clubsandwich, das mit frischem Gemüse zubereitet und wahlweise mit einem Salat oder Pommes Frites serviert wird. Kosten: gerade einmal 14 Złoty (3,50 Euro). Ein Cappuccino kostet 11, ein Latte Macchiato 13, Tortillas und Quesadillas gibt es ab 16 Złoty.
Auch wenn die Versuchung groß ist, den Tag einfach Kaffee schlürfend auf dem Sofa am Fenster zu verbringen, spricht doch einiges dafür, die nun wieder munteren Knochen weiter Richtung Kulturpalast zu bewegen. Denn bei klarem Wetter darf eine Fahrt auf die Aussichtsplattform im 30. Stock des riesigen Gebäudes nicht fehlen. Für 15 Złoty bringt der Fahrstuhl mit einer eigens dafür zuständigen „Fahrerin“ die Besucher so schnell hoch über die Dächer der Stadt, dass man denkt, sie habe sich beim Drücken des Knöpfchens in der Etage geirrt.
Beim Blick von der Plattform zeigen sich die Rauheit und die darin liegende Schönheit Warschaus mit besonderer Intensität. Wer bis zu diesem Zeitpunkt kaum Grün gesehen hat, kann jetzt den großen Łazienki-Park zumindest in der Ferne entdecken. Und die Aussicht auf die umliegenden Hochhäuser ist von hier oben nicht weniger eindrucksvoll als von unten.
Nach diesem Blick auf das Warschau von heute (und morgen) ist der Zeitpunkt für einen erneuten Ausflug in die Vergangenheit gekommen. Nur wenige Minuten Fußweg vom Kulturpalast entfernt, in der Aleje Jerozolimskie 51, liegt auf einem Hinterhof das Warschauer „Fotoplastikon„, wo sich 25 Personen gleichzeitig Dias in 3D ansehen können. Die Themen der Vorführungen variieren – den Überraschungseffekt gibts inklusive. Gerade für Smartphone-verwöhnte und Hot-Spot-suchende Warschau-Reisende ist der herrlich nostalgische Apparat eine Oase der Ruhe und Entschleunigung. Das Summen und Rattern beim Umschalten zwischen den Bildern hat fast schon etwas Meditatives. Eintritt: 4 Złoty (ermäßigt 2, sonntags kostenlos).
Wer anschließend den ultimativen Kontrast in dieser so vielseitigen Metropole erleben möchte, begibt sich am besten in das Einkaufszentrum am Hauptbahnhof, das zu den „Goldenen Terrassen“ (Złote Tarasy) gehört und zwischen der Aleja Jana Pawła II und der Ulica Emilii Plater liegt. Zugegeben, die Geschäfte sind eher unspektakulär und gleichen denen in jedem anderen Einkaufszentrum europäischer Großstädte. Individualität findet sich dagegen in Form des futuristischen Glasdaches, welches das Herz von Architekturfans mit Sicherheit hüpfen lässt.
Wer in der Nähe der Altstadt wohnt, hat mit dem „Na Prowincji“ in der Ulica Nowomiejska die ideale Location, um den Tag bei gutem Essen und in gemütlicher Atmosphäre ausklingen zu lassen. Die Pizza in dem kleinen italienischen Restaurant ist genau so, wie sie sein muss: innen dünn, der Rand dick und knusprig. Dazu frische Kräuter – besser geht es kaum. Zu empfehlen sind auch die leckere Kürbissuppe und die Bruschetta mit getrockneten Tomaten, Knoblauch und Käse. Wie so oft werden auch hier zwei Personen für unter 100 Złoty (25 Euro inklusive Vorspeise, Hauptgericht, Bier) rundum satt und zufrieden.
Text & Bilder © Katja Thiede (mit Ausnahme des ersten Bildes, s.o.)